DIE BARNHOLZKAPELLE
V O R W O R T
Die bürgerliche Gemeinde ist im Besitz der Barnholzkapelle und die Kirchengemeinde Besitzerin des Kreuzweges. Da beide Objekte große Schäden aufweisen, haben bürgerliche Gemeinde und Kirchengemeinde schon 1981 beschlossen im Zuge der Dorfsanierung auch die Restaurierung der Kapelle und des Kreuzweges durchzuführen. Zur Aufbringung der notwendigen finanziellen Mittel hat man sich dann entschlossen zur Veranstaltung eines Straßenfestes vom 6.-8. August 1982.
Diese Broschüre soll Beitrag sein zur Oberkessacher Heimatgeschichte und zum "Schöntaler Heimatbuch".
Sie handelt über die Geschichte der Barnholzkapelle, des Kreuzweges und des Kriegsendes in Oberkessach.
Ich erinnere mich noch sehr gut, wie in meiner Kindheit die Kapelle eine Lieblingsstätte für Alt und Jung war. An Sonn- und Feiertagen machte man dorthin seinen Spaziergang, betete vor dem "Gnadenbild" und sang seine Lieder. In der alten Kapelle hingen an den Wänden eine Reihe von Votivbildern als Zeugen von Gebetserhörungen. Votivkerzen brannten Tag und Nacht. Oftmals gingen einzelne und auch Familien noch in später Nacht, um in schweren Krankheits- und Notfällen bei der "Königin der Nothelfer" Trost und Hilfe zu suchen.
Die Alten haben viel erzählt von den Wallfahrern, die aus nah und fern zur "Mutter Gottes vom Barnholz" pilgerten. Ob sie auch in Prozessionen kamen, lässt sich dokumentarisch nicht belegen.
Der Bau der Kapelle ist das Werk mehrerer Stifter. Sie haben die "'Bau- und Unterhaltungslast für gewisse Stücke und Güter an "Private" übertragen.
Die Errichtung des Kreuzweges 1946/47 ist die Einlösung eines von Pfarrer Schwarz gemachten Gelübdes zum Dank für die Verschonung des Dorfes vor der Zerstörung am Kriegsende.
Der dramatische Verlauf des Kriegsendes in Oberkessach sollte für alle Generationen auch als Mahnmal zum Frieden in der Heimatgeschichte unvergesslich festgehalten werden.
Die Bauschäden an der Marienkapelle und die Auflösung der Freskogemälde der Kreuzwegstationen durch Witterung und Luftverschmutzung machen die Restaurierung der Kapelle und die Neugestaltung des Kreuzweg notwendig. Letzteres geschieht durch Kirchenkunstmaler Lukas Gastl aus Würzburg. Die finanzielle Aufwendung für eine Station beträgt 1.200 DM.
Allen Gemeindemitgliedern sei das Wort Verpflichtung:
"Was du ererbt von deinen Vätern,
erwirb es, um es zu besitzen,"
zum bleibenden Besitz aller Generationen werden,
Kapelle und Kreuzweg durch fortwährende Sorge um ihre Erhaltung.
Oberkessach, den 8. August 1982
Letztmals wurden größere Renovierungsarbeiten der Kapelle in 2003-2004 durchgeführt. Bauliche Maßnahmen wurden in kompletter Eigenleistung von Oberkessacher Bürgern und die künstlerischen Sanierungen wurden von Maler Ronny Göbel aus Merchingen durchgeführt. Die Firma Kilb übernahm kleinere Putzarbeiten.
Auch heute wir die Barnholzkapelle fast täglich besucht und für Gebete und das Entzünden von Votivkerzen genutzt.
Weiterhin soll die Pflege und der Erhalt der Kapelle ein Anliegen der Oberkessacher Bürger sein.
Oberkessach im Februar 2024
Geschichtlicher Hintergrund
Die geschichtlichen Quellen über die Barnholzkapelle sind äußerst spärlich. Folgendes lässt sich durch die „Pfarrbeschreibung" und die „Pfarrchronik“ feststellen:
Die ursprüngliche Kapelle in ihrem ganz schlichten viereckigen Baustil - der Petruskapelle ganz ähnlich - ist ja der alten hiesigen Generation vielleicht noch wohl vertraut.
Sie wurde von Privatpersonen als Marienkapelle erbaut und von ihnen unterhalten. Was die Stifter veranlasst hat, lässt sich nicht feststellen. Es liegt aber die Vermutung irgendeines größeren Notstandes nahe, weil sie zu einer Wallfahrtsstätte geworden ist und das Marienbild infolge von Gebetserhörungen als Gnadenbild in der Umgebung verehrt wurde.
Von
der Muttergottesstatue berichtet die Pfarrchronik am 29. Juni 1925, dass sie
ungefähr 250 Jahre alt ist. Sie dürfte ihrem Alter nach auf die Zeit zwischen
1670-1680 zurückgehen. Das könnte dann auch die mögliche Entstehungszeit der
Kapelle sein. Dass es eine Wallfahrtsstätte war, wird in der Pfarrchronik
ausdrücklich erwähnt, mit dem Wunsche und der Hoffnung, dass "der alten
Wallfahrtsstätte mit der Zeit wieder eine neue Blütezeit bestimmt sein möge“.
Was die Unterhaltungspflicht der Marienkapelle angeht, so berichtet die "Pfarrbeschreibung" 1824, dass sie "Privaten obliegt, welche, wie man sagt, beim Ursprung derselben gewisse Stücke Güter von den Stiftern erhalten und diese Verbindlichkeit übernommen haben, welche noch dermalen von gewissen Hausbesitzern hinsichtlich der Reparaturen erfüllt wird."
Offenbar kamen diese "gewissen Hausbesitzer" im Laufe der folgenden 100 Jahre "dieser Verbindlichkeit" aus irgendwelchen Gründen nicht mehr nach. Jedenfalls war die Kapelle um 1920 schon "vollständig verwittert" (Chronik), dass sie abbruchreif war.
Wegen der
Unterhaltungspflicht kam es offenbar noch zu einer Auseinandersetzung über die
Frage des Besitzers, denn die Chronik vermerkt: "Da sie (die Kapelle)
Eigentum
der Gemeinde ist, was bisher strittig war, so hat die Gemeinde sie neu aufbauen
lassen und hat mit dieser MUTTERGOTTESKAPELLE NUN AUCH EINE GEDÄCHTNISSTÄTTE FÜR
DIE ZIRKA 60 GEFALLENEN KRIEGER SCHAFFEN WOLLEN.“
Durch den freiwilligen Einsatz der Jungmänner und Männer insbesondere durch Brechen der Natursteine konnten die Kosten für den Kapellenbau verhältnismäßig niedrig gehalten werden.
Über die Innenausstattung der Kapelle als Kriegergedächtnisstätte berichtet die Pfarrchronik: "Zuerst sollte Morell" (Künstler aus, Stuttgart, der auch das Kriegerdenkmal in Weigental schuf) eine Pieta aus Muschelkalk liefern. Diese kam auf 140.000 Papier-Mark. Sie hat aber schlecht gefallen dem Volk und als sie schon in der neuen Kapelle war, da wurde sie von Bubenhand zerschlagen. Täter unbekannt. Dann wurde der Bildhauer MAURONER aus Igersheim mit einer Neugestaltung beauftragt. Er hat einen netten kleinen Altar geschaffen mit dem Hauptbild der alten Muttergottesstatue und den Nebenfiguren St. Michael und Georg. An den Wänden sind 2 steinerne Tafel mit den Namen der gefallenen Krieger.
Zur
neuen Kapelle führt ein neuer Weg von der Lourdesgrotte, der mit Linden (auch
ca. 1924) bepflanzt ist. Die Vertreter der Gemeinde haben sich alle Mühe
gegeben, etwas Schönes zu schaffen (Pfarrchronik). Die Kapelle wurde 1923/24
fertig gestellt und eingeweiht.
Am Kriegsende, Donnerstag, den 5.April 1945 rückten die Amerikaner hier ein. Neben der Kapelle stellten sie ihre Artillerie auf zum Beschuss von Berlichingen und des Jagsttals. Um freie Schussbahn zu bekommen fällten sie 2 Linden, die neben der Kapelle standen. Durch die Erschütterung der Artillerie wurde die Kapelle schwer beschädigt. Die Mauern bekamen Risse, die Dachziegel waren alle beschädigt, ebenso die Fenster. Die Decke im Innenraum war zum Teil eingestürzt.
Die Behebung der Kriegsschäden und Renovierung der Kapelle erfolgten mit der Errichtung des Kreuzweges 1946/47. Andreas Bauer, der Maler des Kreuzweges hat gleichzeitig auch die Kapelle ausgemalt.
1966 musste die Kapelle wegen auftretender Bauschäden, der zerfallenen beiden Fenster und der schlechten Türe wieder renoviert werden. Ihr heutiger Zustand zeugt noch von der Art der Erneuerung.
Gleichzeitig wurde auch das ehrwürdige "Gnadenbild“ der Gottesmutter wegen starker Beschädigung durch den Holzwurm beseitigt und die neue Schutzmantel Madonna (Ravensburger Madonna) durch die Gemeinde erworben und in der Kapelle aufgestellt. Wegen der großen Diebstahlgefahr durfte sie nicht mehr in der Kapelle belassen werden. Sie befindet sich gegenwärtig in der Sakristei. Die Lage der Kapelle, die Fenster und Türe erhöhen und erleichtern den Anreiz zum Einbruch.
Bei der aufs Neue notwendigen Restaurierung der Kapelle ist man vor allem besorgt um eine gründliche Behebung der Bauschäden.